Die Paritätischen Kommissionen spielen für die laufende Umsetzung der Südtirol-Autonomie eine enorm wichtige Rolle, denn sie sind eigentlich rechtsetzende Organe. Zwar ergehen die Hauptprodukte der paritätischen Kommissionen, die famosen Durchführungsbestimmungen (DFB), als Dekrete der Regierung. Doch in der Praxis werden die Dekretstexte von den Kommissionen erstellt und verabschiedet, von Regierungsmenschen gegengelesen und von der Regierung durchgewunken. Auch weil man den Inhalt der Dekrete dieser Kommissionen vorab gar nicht kennt, kann kein anderes demokratisch legitimiertes Organ dagegen Einspruch erheben.
Fast alle bedeutenden Regelungen zur Südtiroler Autonomie, etwa der Proporz, der Sprachgebrauch, der Volkszählungsmodus und unzählige einzelne autonome Zuständigkeiten wurden kleinweise mit DFB in der 6er-Kommission geregelt. „Die eigentliche Bedeutung der paritätischen Kommissionen,“ schrieb einmal F. Palermo, „liegt in der Konkretisierung des Verhandlungsprinzips als Leitprinzip des Autonomiestatuts.“ Dieses Prinzip stellt autonome Provinzen und den Staat auf dieselbe Ebene und das ist gut so. Doch stellt sich gerade wegen der Bedeutung dieser Normen die Frage der politischen Legitimation. Wie kann die rechtsetzende Funktion dieser Kommissionen mit dem Demokratieprinzip vereinbart werden? Um durch eine Volksvertretung besser legitimiert zu werden, müssten diese Kommissionen:
- durch ein gewähltes Organ pluralistisch besetzt werden, wobei – wie bei Landtagskommissionen und im Autonomiekonvent üblich – auch die politische Minderheit vertreten sein muss;
- demokratische Spielregeln unterworfen werden, und zwar vor allem hinsichtlich der Informationsrechte der sie legitimierenden Organe (Landtag, Regionalrat) als auch hinsichtlich Transparenz und Öffentlichkeit.
- eine Ratifizierungsphase nachschalten. Wenn auf Staatsseite die Regierung mit dem Vertrauen des Parlaments handeln kann, weil es nur um den Sonderfall einer kleinen Provinz geht, muss auf Südtiroler Seite der Landtag als Vertretung der Gesamtheit der Betroffenen sein Placet zu neuen DFB geben dürfen. Gibt er es nicht, muss nachverhandelt werden.
Durch diese bescheidene Reform würde ein Stück mehr demokratische Legitimation geschaffen für Organe, die die politische Realität in Südtirol maßgeblich beeinflussen. Das bilaterale Verhandlungsverfahren zwischen Staat und autonomen Regionen ist unverzichtbar und hat sich in vielen Autonomien weltweit bewährt. Doch wird es auch bei den paritätischen Kommissionen Zeit für demokratischere Spielregeln. Last not least: erfolgt diese Reform, kann die vom Statut vorgesehene 137er-Kommission ruhig entfallen, eine Alibi-Kommission, die nie in konkret Gang gesetzt wurde und dann nur eine Verdoppelung dieser Rolle darstellen würde.
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