Überholte Artikel im Statut

Eine ganze Reihe von Artikeln des Autonomiestatuts sind heute schlicht und einfach überholt und entsprechen auch nicht mehr der geltenden Rechtslage. Verfassungsreformen und Durchführungsbestimmungen haben längst andere Normen geschaffen, doch die entsprechende Anpassung des Statuts unterblieb. Hier einige Beispiele:

Art. 10 zur Arbeitsvermittlung: während hier im Statut von 1972 noch von „ergänzender Befugnis“ die Rede ist, hat das Land schon längst die Gesetzgebungsbefugnis erhalten und übt diese auch aus.

Art.11 sieht die Zuständigkeit der Provinz für die Genehmigung der Eröffnung von Bankschaltern anderer Kreditanstalten innerhalb der Provinz vor. Diese Frage ist vom EU-Recht längst anders geregelt worden.

Art.12 zur Wasserkraftnutzung: Die heutige Fassung bringt den alten Stand, als die Provinzen nur sehr eingeschränkte Befugnisse bei der Vergabe der Konzessionen für die Großableitung von Wasser für die Energiegewinnung hatten. Mit Durchführungsbestimmung hat das Land seit 1999 das Recht erhalten, selbst die Konzessionen zu vergeben.

Gleich im Art.1 wird die „politische Einheit der einen und unteilbaren Republik Italien“ beschworen, eine an dieser Stelle überflüssige Wiederholung der schon in der Verfassung (Art.5) enthaltenen Feststellung, die dem Statut übergeordnet ist.

Inhaltlich überholt ist Art.1 auch insofern, als im Absatz 2 immer noch Trient als die Hauptstadt der Region Trentino-Südtirol festgeschrieben wird. Bei der Präsidentschaft der Region und beim Tagungsort hat man schon längst das Prinzip der Rotation festgeschrieben: warum sollte nicht auch die Hauptstadtfunktion – sofern sie überhaupt benötigt wird – rotieren dürfen? Das schafft sogar das etwas größere EU-Parlament zwischen Straßburg und Brüssel.

Inhaltlich überholt ist, neben vielen anderen Bestimmungen, auch die in Art. 25 festgeschriebene Ansässigkeitsklausel für das aktives Wahlrecht zur Wahl des Landtags. Nur Staatsbürger mit einer ununterbrochenen Ansässigkeit in der Region von vier Jahren haben dieses Recht. 1972 wurde diese Klausel eingefügt, um zu verhindern, dass der Staat durch die willkürliche Verlegung von Polizisten und Militärs die demokratischen Mehrheitsverhältnisse im Land verzerren könnte. Heute gibt es in Südtirol rund 4.000 Berufssoldaten, die zumeist auch hier leben. Sie bilden maximal 1% der Wahlberechtigten. Die Rahmenbedingungen haben sich wesentlich verändert. Es steht aufgrund gesamtgesellschaftlicher Entwicklungen nicht zu befürchten, dass von staatlicher Seite noch zu Manipulationen dieser Art gegriffen werden kann. Deshalb kann, wie m Trentino derzeit schon vorgesehen, eine ununterbrochene Ansässigkeit in der Region von einem Jahr für die Anreifung der Wahlberechtigung für den Landtag durchaus reichen.

 

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Sozial- und Wirtschaftsforscher, Publizist und Erwachsenenbildner