Über Toponomastik Klartext reden!

Es ist erfreulich zu hören, dass im Autonomiekonvent auch das Thema Toponomastik zur Sprache kommt. Die dringende Notwendigkeit dieses Themas ergibt sich deshalb, weil die Bestimmungen über die Toponomastik im Autonomiestatut nur äußerst vage und unwissenschaftlich formuliert sind.

So ist im Autonomiestatut zwar von der „Verpflichtung zur Zweisprachigkeit in der Ortsnamengebung“ die Rede, jedoch wird nicht näher erläutert, was konkret damit gemeint ist. Wenn schon der Autonomiekonvent politisch gewollt ist, dann muss dieser auch dafür genutzt werden, um Folgendes klarzustellen: Die im Autonomiestatut festgeschriebene Verpflichtung zur Zweisprachigkeit in der Ortsnamengebung kann sich niemals auf die pseudoitalienischen Namen von Ettore Tolomei und auf die faschistischen Namendekrete von 1923, 1935 und 1942 beziehen! Ebenso gilt es festzuhalten, dass Zweisprachigkeit von Namen nicht dasselbe ist wie Zweisprachigkeit von Wörtern, weshalb Namen nicht einfach so übersetzt werden können.

Vom Autonomiekonvent erwarte ich mir eine Kehrtwende in der Toponomastik-Frage: Ein wissenschaftlich fundierter und faschistisch unbelasteter Diskurs ist längst überfällig. Überholt sind dagegen Ansätze, faschistisch belastetes Namen- und Gedankengut als friedenserhaltende Maßnahme und als entfaschistisiertes Kulturgut zu reinterpretieren.

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Commenti

Worte kann man übersetzen, Namen nicht! Wenn eine große Ortschaft wie Lana in allen Landessprachen mit nur einem Namen auskommt, warum sollte dann ein kleines Dorf wie Kuens zusätzlich noch einen frei erfundenen Zweitnamen brauchen? Die Italiener im Land müssen bei den Ortsnamen endlich Mut zur Wahrheit beweisen. Tolomei hat übrigens auch echte italienische Ortsnamen wie z.B. Nova Tedesca oder Sterzen durch seine Fantasienamen ersetzt.
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In diesem und anderen Beiträgen wird das Thema Toponomastik ausschliesslich aus dem deutsch-italienischem Blickwinkel betrachtet; die ladinische Toponomastik wird total ausgeklammert. Mehr noch: Beim Open Space in Brixen wird sogar die "Wiedereinführung historischer Ortsnamen als Wiedergutmachung begrüßt". Gilt dies auch für die ladinischen Ortsnamen? Im deutschsprachigen Teil Südtirols gibt es genug "deutsche" Ortsnamen ladinischen Ursprungs: sollte hier nicht die ladinische Form als Wiedergutmachung eingeführt wedren?
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Aufgewachsen in Laurein. Diplomstudium Romanistik und Sprachwissenschaft (Mag.phil.) sowie Germanistik und Anglistik (Mag.phil.) in Innsbruck. Doktoratsstudium Germanistische Linguistik und Allgemeine Sprachwissenschaft (Dr.phil.) in München. Forschungs- und Publikationsschwerpunkte: Etymologie, historische Laut- und Formenlehre, Sprachkontakt, Onomastik. U.a. ehemaliger "Toponomast" am Südtiroler Landesarchiv und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Luxemburg. Derzeit: Presse- und Kommunikationssprecher der Landtagsfraktion der Süd-Tiroler Freiheit.