Präsident Tschurtschenthaler, wie fällt Ihre Bilanz zum Konventsjahr 2016 aus?
Ich bin der Meinung, dass der Autonomiekonvent im Jahr 2016 für einen wichtigen autonomiepolitischen Impuls in Südtirol gesorgt hat. Es wurde seit Langem nicht mehr so intensiv über unsere Autonomie gesprochen. Auch demokratiepolitisch ist der Prozess für Südtirol spannend – eine Art Experimentierfeld für weitere Prozesse. Als ich noch nicht direkt im Konvent involviert war, habe ich mit Interesse die Open-Space-Events im gesamten Land verfolgt. Ich war persönlich sehr überrascht, dass knapp 2000 Menschen, sich die Zeit genommen haben an den Veranstaltungen teilzunehmen. In unserer hektischen Zeit ist das nicht selbstverständlich. Die Südtirolerinnen und Südtiroler sind sich der Wichtigkeit der Autonomie bewusst und möchten an deren Entwicklung teilhaben. Das war für mich auch ausschlaggebend, das Amt des Präsidenten anzunehmen. Gleichzeitig empfinde ich es als Auftrag eine gute Arbeit abzuliefern und als Präsident für ein inhaltlich starkes Resultat einzustehen.
Wie sehr sind Sie mit der Arbeit des Konvents der 33 zufrieden?
Der Konvent der 33 hat sich mittlerweile gut eingespielt und ich finde, dass sehr effizient gearbeitet wird. Am Anfang hat es natürlich Zeit gebraucht, bis wir uns alle gefunden haben und die Arbeitsmethode definiert haben. Von Seiten der Politik wurden dem Konvent der 33 bewusst viele Freiheiten gegeben. Für uns alle war die Arbeitsweise des Konvents der 33, besonders das Konsensprinzip, Neuland und wir mussten uns erst damit zurecht finden und einarbeiten. Medial wurde der Konvent dabei nicht immer fair behandelt. Wir sind 33 Personen mit 33 unterschiedlichen Ansichten. Und das ist gut so. Wir sollen im Konvent Südtirols Bevölkerung vertreten. Dabei war es klar, dass wir Zeit benötigen werden uns einzuarbeiten und dass wir nicht immer dieselbe Meinung sein werden. Das war für mich so auch vorhersehbar. Mir war bewusst, dass der Konvent der 33 einiges an Konfliktpotenzial birgt und empfand deshalb meine Rolle immer als die eines Mediators.
Nach dieser Anfangsphase sind wir auf einem guten Weg und ich gehe zuversichtlich ins Jahr 2017. Es wird sehr konstruktiv gearbeitet und diskutiert und ich empfinde, dass der Konvent der 33 zu einer wichtigen autonomiepolitischen Plattform wurde. Auch wenn über verschiedene Themen des Öfteren heiß diskutiert wird, dann immer mit dem nötigen Respekt vor dem Gegenüber. Das ist mir als Präsident persönlich wichtig. Jede Meinung soll ihren Platz bekommen und Wertschätzung erhalten. Dass am Ende bei gewissen Themen kein Konsens gefunden werden wird, liegt in der Natur der Dinge. Ich denke mir aber, dass gerade aus kontroversen Diskussionen am Ende etwas Gutes rauskommen wird.
Das Forum der 100 arbeitet ja parallel zum Konvent des 33. Verfolgen Sie die Arbeiten?
Natürlich verfolge ich die Arbeiten, leider aus Zeitgründen nicht immer direkt vor Ort. Ich lasse mich aber von den Mitarbeitern der EURAC briefen, die uns ja nicht nur im Konvent der 33 unterstützen, sondern auch bei jeder Forum der 100 – Sitzung anwesend sind. Ich hoffe auf viele Anregungen von Seiten der Mitglieder des Forums der 100. Je mehr Menschen an Südtirols Autonomiestatut mitdenken, umso besser ist es. Nicht umsonst sitzen auch 8 Vertreterinnen und Vertreter im Konvent der 33. Sie dienen als Bindeglied. Anfang Mai werden wir die Ergebnisse vom Forum der 100 erhalten und haben dann noch bis Ende Juni Zeit diese zu bearbeiten. Wir haben die Arbeiten des Konvents der 33 bewusst bis Ende Juni verlängert, dass uns auch dafür genügend Zeit bleibt.
Ihre Ziele für 2017 im Konvent?
Von einigen wurde angezweifelt, ob unsere Arbeit nach dem Verfassungsreferendum noch notwendig sei. Abgesehen davon, dass Landeshauptmann Kompatscher bereits die Wichtigkeit der Arbeiten des Konvents unterstrichen hat, bin auch ich überzeugt, dass wir hier eine wichtige Arbeit für die Zukunft Südtirols leisten. Wann hatten wir je die Möglichkeit sprachgruppenübergreifend, abseits vom politischen Tagesgeschäft, gemeinsam mit der Bevölkerung so offen über Themen wie Proporz, Sprachgruppenzugehörigkeit, Mehrsprachigkeit und Selbstbestimmung zu sprechen? Daraus kann ein Dokument entstehen, das für Südtirol in den nächsten Jahren relevant und richtungsweisend sein wird. Das ist mein persönliches Ziel - ich bin aber überzeugt, dass Südtirol bei diesem Prozess nur gewinnen kann.