Wahlen zum K-33 Präsident – Selbstorganisation oder Regie?

Ich habe einen Kommentar zu den Wahlen des K-33 Präsidenten von letztem Samstag, der am Rande auch einige größere Themen der Konventsorganisation betrifft.

Es sei angemerkt, dass alle Sitzungen des K-33 per Live Stream auf konvent.bz.it übertragen werden. Auf der Webseite findet man auch das Video der letzten K-33 Tagung, allerdings muss man bis Minute 60 vorspulen um ein Bild zu sehen.

Bei der konstituierenden K-33 Sitzung stellten sich mehrere Kandidaten für das Amt der Präsidentschaft zur Verfügung. Martin Feichter, einer der Vertreter unseres 100er Konvents, hat vorgeschlagen, dass man dem Präsidenten in geheimer Wahl bestimmen sollte. Einer der dem Konvent beistehenden Rechtsexperten, Prof. Francesco Clementi (Öffentliches Recht/Uni. Perugia), meldete sich prompt um diesem Vorschlag zuzustimmen. Nebenbei ist zu erwähnen, dass der Landtag die Vertreter des K-33 ebenfalls in geheimer Wahl bestimmt hat. Landtagspräsident Widmann konterte, im Sinne geltender rechtlicher Bestimmungen und der Transparenz muss man offen wählen.

Klingt erstmal gut, aber die Konsequenz bei einer offenen Wahl ist, dass sich niemand gegen den Kandidaten der stärksten Partei stellen wird. Wer in der von der Mehrheit bestimmten Konventsmitglieder hätte sich getraut, offen gegen den Kandidaten der stärksten Partei zu stimmen? Die Ladinerin Edith Ploner hat dann auch gleich die Kandidatur zur Präsidentin, für die sie von Riccardo dello Sbarba vorgeschlagen wurde, abgelehnt. Dello Sbarba hatte besonders die Symbolkraft einer ladinischen Präsidentin hervorgehoben, da Frauen und Ladiner im heutigen Statut eine untergeordnete Rolle spielen. Ploner wäre aber in einer offenen Wahl sicherlich chancenlos gewesen und wollte sich wahrscheinlich nicht unnötig einer Abstimmung aussetzen. Der andere Ladiner Christoph Perathoner (SVP) hatte sich gegen eine Kandidatur seiner einzigen ladinischen Kollegin ausgesprochen und für den Ex-Brunecker Bürgermeister Christian Tschurtschenthaler (SVP) geworben.  Wahrscheinlich wären auch mit einer geheimen Wahl dieselben (ohne Frage sehr kompetenten) Personen gewählt worden (Laura Polonioli und Edith Ploner wurden später als Vize-präsidentinnen gewählt), die Wahl wäre allerdings fairer gewesen und hätte sich nicht unnötig diesem Kritikpunkt aussetzen müssen.

In eine ähnliche Richtung gehende Kritik hatte ich bereits im K-100 geäußert. Das Gesetz zum Autonomiekonvent besagt lediglich, dass unter Berücksichtigung des Proporzes und einer ‚ausgewogenen Vertreter beider Geschlechter’, das K-100 seine Vertreter zum K-33 Konvent wählt („acht Mitglieder, Vertreter der Bürgergesellschaft, werden vom 'Forum' der 100, gemäß Artikel 5 Absatz 2, aus dessen Mitte gewählt“ Gesetz zum Autonomiekonvent, Art. 2d). Als wir uns im K-100 zur konstituierenden Sitzung getroffen haben, war das Wahlsystem bereits festgelegt worden (obwohl der Gesetzestext dies explizit an das Forum der 100 delegiert, wie es unter Einhaltung der Proporzbestimmungen und ‚einer ausgewogenen Vertreter beider Geschlechter’ seine Vertreter bestimmt). Das Prinzip der ausgewogenen Vertretung beider Geschlechter hätte meines Erachtens ebenfalls durch den K-100 bestimmt werden sollen, da der Wortlaut ‚ausgewogene Vertretung der Geschlechter’ einen breiten Ermessenspielraum lässt (d.h. sicherlich nicht ein 50-50 Verhältnis vorschreibt). Diese Flexibilität hätte es z.B. erlaubt, dass die Kandidaten der deutschen Sprachgruppe nicht zwingend drei Männer und zwei Frauen sein mussten (bedingt durch das Geschlecht der ladinischen Kandidatin), sondern hätte einen höheren Frauenanteil möglich gemacht.

Anstatt ein Wahlsystem zu haben, bei dem die Kandidaten der Minderheiten von der Mehrheit bestimmt werden, hätte ich ein alternatives Wahlsystem vorgeschlagen. Beim Wahlsystem hatte jeder Wähler fünf Vorzugsstimmen für deutschsprachige Kandidaten, zwei Vorzugsstimmen für italienischsprachige Kandidaten und eine Vorzugsstimme für ladinischschprachige Kandidaten. Bei den Ladinern gab es nur eine Kandidatin (Ploner), deren Wahl daher sicher war. Hätte es aber mehrere ladinische Kandidaten gegeben, so hätten die 69 deutschsprachigen Wähler de facto den ladinischen Kandidaten bestimmt. Die Ladiner im Konvent (5 Personen) hätten nur einen verschwindend geringen Einfluss auf die Auswahl ihres Vertreters gehabt. Das aktuelle Wahlsystem hat auch dazu geführt, dass sich die Italiener im Konvent nicht angemessen vertreten fühlten (man liest diese Kritik fast täglich im Alto Adige).

Ich hätte vorgeschlagen, dass die Stimmen nach Sprachgruppen differenziert werden. Die der deutschen Sprachgruppe angehörigen Wähler (69 – wenn ich mich recht erinnere) hätten einen möglichst gleichen Einfluss auf die Wahl der Vertreter der italienischen Sprachgruppe (26) haben sollen wie die Wähler der italienischen Sprachgruppe auf die Kandidaten der deutschen Sprachgruppe. Das ginge so, dass die Stimme eines deutschsprachigen Wählers für die Wahl der Vertreter der deutschen Sprachgruppe voll (1) zählt. Jeder Wähler stimmt ja für die Kandidaten aller Sprachgruppen ab. Die Stimme eines deutschsprachigen Wählers für die italienischen Kandidaten würde aber nur halb (0.5) so viel zählen. Umgekehrt hätte die Stimme eines italienischsprachigen Wählers für die Wahl eines italienischsprachigen Kandidaten voll (1) gezählt. Die Stimme der italienischsprachigen Wähler für deutschsprachigen Kandidaten hätte doppelt gezählt (2).

Das System hätte dazu geführt, dass die Wähler einer bestimmten Sprachgruppe den größten Einfluss auf die Wahl der Kandidaten derselben Sprachgruppe gehabt hätten (Autonomie der Sprachgruppen). Wähler hätten auch über die Kandidaten der jeweils anderen Sprachgruppe mitbestimmen können. Das Prinzip wäre aber dasjenige gewesen, dass die Wähler von Sprachgruppe A den gleichen Einfluss auf die Vertreter Sprachgruppe B wie die Wähler der Sprachgruppe B auf die Kandidaten der Sprachgruppe A haben. Klingt kompliziert, wäre aber eigentlich gar nicht so kompliziert gewesen. Ich konnte diesen Vorschlag leider nicht vorbringen, da es für die Diskussion des Wahlmodus keine Zeit gab und dieser schon vorher so festgelegt wurde (wie auch beim K-33 heute).

Ich schreibe dies um auf den Widerspruch zwischen der angeblichen Selbstorganisation der Konvente und von außen vorgegebenen und nicht zu diskutierenden Grundprinzipien (wie die politisch relevante Wahl der wichtigsten Positionen) aufmerksam zu machen. Vielleicht gibt es ja gute organisatorische (der Zeitplan war schon festgelegt und nicht mehr abänderbar) oder andere Gründe dafür. Diese sollten allerdings offen diskutiert werden, da sonst der Verdacht einer intelligenten politischen Regie durch Außen nicht vollständig entkräftet werden kann.

Stefan Graziadei ist Mitglied des Forums der 100.

            

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